Park oder günstige Wohnungen? Schattenboxen um das Spiesshöfli

Die Initiative für einen Birsigpark auf dem Spiesshöfli-Areal ist noch nicht einmal zustande gekommen, prägt aber bereits Debatten im Binninger Einwohnerrat. Das Postulat für bezahlbaren Wohnraum wurde gegen Stimmen der FDP und SVP überwiesen.

Verkehrte Welt in Binningen: Für die FDP kommt staatlicher Zwang beim Baumschutz nicht in Frage, weil das gegen die Eigentumsgarantie verstos-se, wie Christoph Maier (FDP) in der Diskussion zur Interpellation von Sirin Hauri (Grüne/EVP) betreffend Baumbestand in Binningen sagte. Dieses Argument stehe im Widerspruch zur Initiative für einen Birsigpark auf dem Spiesshöfli-Areal, wo man den Grundeigentümern das Bauen verbieten wolle, sagte Gemeinderätin Caroline Rietschi dazu. Die Arbeiten für die Quartierplanung Spiesshöfli sind weit fortgeschritten. Vom 10. August bis 11. September hat ein öffentliches Mitwirkungsverfahren stattgefunden.

Gewundert hat sich nicht nur die Gemeindepräsidentin ad interim. Er sei empört, dass die ganze FDP einem Birsigparkplatz zustimme und auch die SVP dafür zu haben sei, sagte Thomas Hafner (Mitte/GLP). Wenn die Initiative zustande komme, bedeute das einen «grossen Posten Geld» für die Gemeinde, gab er in der Diskussion um ein interfraktionelles Postulat für die Ermöglichung von bezahlbaren Wohnungen auf dem Spiesshöfli-Areal zu bedenken. Der konkrete Auftrag des von den Fraktionen Mitte/GLP, SP und Grüne/EVP unterstützten Vorstosses: Der Gemeinderat soll prüfen, wie sichergestellt werden kann, dass ein Grossteil der Wohnungen auf dem Areal gemeinnützig sein.

«Wir denken, dass auf dem Spiesshöfli der Birsigpark entstehen wird, keine Wohnungen», sagte Christoph Maier (FDP). «Wie interpretiert der Gemeinderat `Grossteil`?» fragte Sven Inäbnit (FDP). Wenn man den Bogen überspanne, würden die Privaten dann am Schluss doch nicht bauen. Im übrigen sei die These, dass die ganze FDP hinter dem Birsigpark stehe, gewagt. Während Lewin Lempert (SP) auf die sehr tiefe Leerwohnungsziffer in Binningen hinwies, sagte Christian Schmid (SVP), dass es in Binningen durchaus Wohnungen gebe, die man sich mit einem durchschnittlichen Einkommen leisten könne.

Dem widersprachen Rahel Amacker und Thomas Hafner (beide Mitte/GLP). Wegen Mangel an bezahlbarem Wohnraum sähen sich Leute gezwungen, Binningen zu verlassen. In Sachen günstiger Wohnraum sei Binningen überhaupt nicht attraktiv, sagte Hafner. 

Mit 19 Ja-Stimmen gegen 15 Nein-Stimmen überwies der Einwohnerrat schliesslich an den Gemeinderat.

Eine kürzere, aber ebenfalls kontroverse Debatte gab es um das interfraktionelle Postulat betreffend Jobticket für die Gemeindeangestellten. Mit ein paar U-Abos für Gemeindemitarbeitende rette man den Planeten nicht, sagte Christian Schmid (SVP). Es könne auch nicht sein, dass Staatsangestellte auf Kosten der Allgemeinheit bessergestellt würden. Während sich die SVP gegen eine Überweisung des Postulats aussprach, hatte die FDP Stimmfreigabe beschlossen. Mit 19 Ja-Stimmen gegen 9 Nein-Stimmen bei 6 Enthaltungen wurde aber auch dieses Postulat an den Gemeinderat überwiesen.

Weitgehende Einigkeit bestand bei Vorstössen für eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie (Postulat von Lewin Lempert), nachhaltige Lösungen für die Strassenbeleuchtung (Postulat von Susanna Keller, SVP) und Überprüfung der Pflichtparkplätze (Postulat von Luzia Sutter Rehmann, Grüne/EVP). Gar einstimmig überwies das Gemeindeparlament das Postulat betreffend Strassenbeleuchtung an die Exekutive. Aus verschiedenen Fraktionen waren Voten für eine schnelle Umstellung der Beleuchtung auf neue Technologien zu hören. Gemeinderätin Caroline Rietschi teilte mit, dass eine Vorlage in Erarbeitung sei. Nach den Vorgaben der Primeo werde die Umstellung etwa vier Jahre beanspruchen

Mit 26 Ja gegen 5 Nein beschloss der Einwohnerrat der Überweisung eines Postulats, welches den Gemeinderat zur Überprüfung einer Anpassung der Tarife für familienergänzende Kinderbetreuung verpflichtet. Vorbild soll dabei die Nachbargemeinde Allschwil sein, welche bei den Subventionen für einen Kita-Platz besser abschneidet als Binningen. Mit 27 Ja gegen 5 Nein überwiesen wurde das Postulat, gemäss dem der Gemeinderat über die Umsetzung der Neuerungen der gesetzlichen Regelung auf kantonaler Ebene in Sachen Pflichtparkplätze berichten muss.

Regula Vogt-Kohler