Mit der Kraft der Sonne aus der fossilen Energie aussteigen

Energie-Apéro und Energiepreis 2023 der Arbeitsgemeinschaft Energie Binningen zum Thema Photovoltaik

Ohne drastische schnelle Senkung der Treibhausgasemissionen lässt sich das Ziel des Klimaabkommens von Paris – maximal +1,5°C – nicht erreichen. Die Photovoltaik spielt beim Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energien eine zentrale Rolle.

Eine eingestürzte Eisenbahnbrücke in Norwegen, Wasser- und Schlammmassen, die sich durch Slowenien wälzen, Helikopter, die Wasser zu den im Wasserschloss Schweiz weidenden Kühen fliegen: Mit ein paar eindrücklichen Momentaufnahmen aus dem Sommer 2023 illustrierte Axel Schubert, Dozent für Nachhaltigkeit am Institut Architektur der Fachhochschule Nordwestschweiz, dass in Sachen Klimakrise und Energiewende rasches Handeln angesagt ist.

«Die Klimakrise ist heute schon», sagte Schubert in seinem Referat im Rahmen des Energie-Apéros der Arbeitsgemeinschaft Energie Binningen (AEB). Noch erschreckender als die Bilder der katastrophalen Folgen von extremen Wetterereignissen der Gegenwart ist ein Ausblick auf die Krise von morgen. Ab einer Zunahme der Erderwärmung von 2°C (im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter) besteht das Risiko, dass für das Klima relevante Elemente (wie zum Beispiel der Amazonasregenwald oder die antarktischen Eispanzer) kippen und eine Heisszeit auslösen könnten. Damit wäre die menschliche Zivilisation in Frage gestellt.

Würde die aktuelle Klimapolitik weitergeführt, sei mit einer Erwärmung um 2,7°C zu rechnen, sagte Schubert. Wir seien zwar auf dem Weg, aber noch viel zu langsam. «Wir müssen auf Netto-Null kommen», sagte er mit Nachdruck. Und das nicht erst bis 2050, sondern global schon bis 2032. Das Fazit ist für Schubert klar: Raus aus der fossilen Energie, rein in erneuerbare Energie, und da komme die Photovoltaik ins Spiel. 

Was braucht es, damit der schnelle Umstieg gelingt? Schubert nennt neben der Überzeugung, dass wir das Potenzial haben, anders zu handeln, die Motivation durch Vorbilder in sozialer und räumlicher Nähe. Wenn der Kollege oder der Nachbar auf Photovoltaik setze, falle es leichter, ebenfalls umzusteigen. Das heisst in Schuberts Worten: «Die Photovoltaik kommt in Binningen weiter, wenn die Binninger einander Lust auf Strom aus Sonnenkraft machen.»

Anspornende Beispiele gibt es in Binningen bereits einige. Per 18. September 2023 seien in Binningen 227 Solaranlagen installiert, sagte Gemeinderat Daniel Nyffenegger. Damit sei aber das Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft. Eine der jüngeren Binninger Anlagen befindet sich auf dem Dach des Mehrfamilienhauses an der Margarethenstrasse 41. Anlass für die Installation gab die Totalsanierung des in den 1980er Jahren erstellten Gebäudes. Stolpersteine habe es bei der Photovoltaik keine gegeben, berichtete Philipp Grassi, zusammen mit seinem Bruder Marc Eigentümer des Hauses. «Wir gehen davon aus, dass die Photovoltaikanlage in zehn bis 15 Jahren amortisiert ist», sagte Grassi.

Auch die Gewona Nord-West Genossenschaft für Wohnen und Arbeiten hat sich entschieden, das Dach ihrer Liegenschaft an der Lindenstrasse 11 in Binningen für Photovoltaik zu nutzen. «Die Anlage läuft reibungslos», berichtete Vorstandsmitglied und Siedlungsvertreterin Franziska Geiser. Man habe auch darüber geredet, dass man mit einer Solarstromanlage das Verhalten ändern müsse. Konkret: Die Geschirrwaschmaschine läuft jetzt nicht mehr mit günstigem Nachtstrom, sondern tagsüber, wenn die Sonne scheint. Wie sich die Stromproduktion auf dem Hausdach aufs Portemonnaie auswirkt, erfahren die Bewohnerinnen und Bewohner in Kürze mit der ersten Nebenkostenabrechnung seit der Installation der Solaranlage. Beatrice Büschlen, die den Energie-Apéro moderierte, ist bereits 2011 in die Solarstromproduktion eingestiegen. «Eine Photovoltaikanlage war für uns ein Muss», sagte sie. 

Mehr Strom aus erneuerbaren Energiequellen ist ein zentrales Element der Energiestrategie 2050. Die Photovoltaik gelte dabei als grosser Hoffnungsträger, sagte Stephan Krähenbühl von der Primeo Energie AG. Zu dem Vorteil der Photovoltaik gehört, dass der mit einer Solaranlage erzeugte Strom direkt vor Ort verbraucht werden kann. Für die Konstellation, dass die Personen, welche den Strom verbrauchen nicht die dieselben sind wie jene, die ihn erzeugen, gibt es den Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV). Den überschüssigen Strom verkauft der ZEV an die lokale Energieversorgerin. Ein ZEV bringt zweifache Vorteile: schnellere Amortisation durch die Steigerung des Eigenverbrauchsgrades und tiefere Kosten für die Verbraucher. 

Den Abschluss des offiziellen Teils des Energie-Apéros bildete die Übergabe des jährlichen Energiepreises. 2023 geht die Auszeichnung an die Genossenschaft Gewona Nord-West, die in den Kantonen Basel-Landschaft und Basel-Stadt Mehrfamilienhäuser besitzt und bereits 2007 ihre erste Liegenschaft mit einer Solaranlage ausrüsten liess. 2015 konnte die Genossenschaft als erste Hausbesitzerin in Basel eine Eigenverbrauchsgemeinschaft (heute ZEV) bilden. 

Nach der Preisverleihung war dann aber endgültig Apéro angesagt. Der Binninger Energie-Apéro findet jährlich statt. Organisiert wird er im Auftrag der Gemeinde von der Arbeitsgruppe Energie (AEB), einer Fachgruppe der Ökogemeinde Binningen. Regula Vogt-Kohler

Fotolegenden:

  • Mitwirkende beim Binninger Energie-Apéro im Kronenmattsaal (v.l.): Beatrice Büschlen, Axel Schubert, Stefan Krähenbühl, Franziska Geiser und Philipp Grassi. Foto: Regula Vogt-Kohler
  • Strom vom eigenen Dach: Solaranlagen nutzen die Kraft der Sonne.   Foto: Regula Vogt-Kohler
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