Binningen wechselt zur Defizitbeschränkung – und das Ruftaxi wird nicht gratis

Mit der Defizitbeschränkung bekommt die Gemeinde ein neues Instrument,
um die Finanzen zu steuern. Ausser der SVP waren im Einwohnerrat alle dafür. Abgelehnt wurde ein Vorschlag der SP für ein kostenloses Ruftaxi.

Binningen wechselt von der Schuldenbremse zur Defizitbeschränkung. Dies ist die wesentlichste Änderung einer Teilrevision der Gemeindeordnung und des Finanzreglements, die der Einwohnerrat am Montagabend beschlossen hat. «Das Ziel, einen langfristig ausgeglichenen Haushalt zu haben, bleibt sich gleich», betonte Christoph Daniel Maier (FDP), Präsident der Spezialkommission, die das Geschäft vorbereitet hat. Die Defizitbeschränkung sei ein gutes Instrument, um kurzfristige Sparübungen, wie sie früher geschehen sind, abzuwenden., sagte Thomas Schwarb (Grüne/EVP). Für Daniel Setz (FDP) ist wichtig, dass Vorfinanzierungen möglich sind. «Eine langsame und stetige Überschuldung ist nicht möglich.» Richard Bräunlich (SP) sagte, die Gemeinde habe ein Vermögen von 25 Millionen, das vernünftig für den Abbau des Investitionsstaus eingesetzt werden könne. Nachdem sich Rahel Amacker (Mitte/glp) dafür ausgesprochen hatte, blieben Hubert Steffen und «seine» SVP die einzigen Kritiker: «Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen.» Für den Antrag der SVP, ein Schuldenverbot einzuführen, stimmte ausserhalb der SVP niemand. Gemeindepräsidentin Caroline Rietschi (SP) sagte, die Defizitbeschränkung sei ein gutes Instrument, um die Finanzen zu steuern – kontrolliert und nachhaltig. «Wir laufen nicht ins Verderben.»

Ruftaxi kostet weiterhin 4 Franken

Nach Ansicht der SP soll das Ruftaxi ganzjährig ab 20 Uhr öV-Benützende von der Haltestelle Kronenplatz bis zu ihrer Haustür fahren. Zudem schwebt der SP vor, dass Leute mit U-Abo oder öV-Einzelticket das Ruftaxi gratis benutzen dürfen. So verlangte es SP-Einwohnerrätin Brigitte Strondl in einem Postulat. Bisher verkehrt das Ruftaxi nur im Winter ab 20 Uhr und kostet 4 Franken für Erwachsene und 2 Franken für Kinder. Der Gemeinderat wollte die Anliegen der SP übernehmen, was pro Jahr Mehrkosten von 34 600 Franken verursachen würde. Darin inbegriffen sind die Teuerung ab 2025, die längeren Betriebszeiten und tiefere Einnahmen wegen des Gratisangebots.

Lewin Lempert (SP) bezeichnete das Ruftaxi als wichtiges Angebot für Mobilitätsbehinderte, aber auch um sicher nach Hause zu kommen. 34‘600 Franken seien 0,04 Prozent des jährlichen Gesamtaufwands der Gemeinde. Für Aline Glaser (Grüne/EVP) ist das Ruftaxi «ein wichtiger Baustein des öV, aber nur die drittbeste Lösung». Besser wäre es, Taxigutscheine abzugeben, noch besser wäre ein Ortsbus, sagte Glaser.

Thomas Hafner (Mitte/glp) erklärte, die Fraktion stehe hinter dem Ruftaxi mit dem heutigen Angebot. Dass der Gemeinderat einfach die Anliegen der SP übernehme, ohne selbst kreativ zu werden, stört ihn aber. Vielleicht käme ja ein Ausbau zu anderen Betriebszeiten in Frage. Der Unkostenbeitrag müsse bleiben: «Was gratis ist, ist nichts wert und wird zu wenig wertgeschätzt.»

Hubert Steffen (SVP) sind vor allem die Mehrkosten ein Dorn im Auge. Die Fahrgastzahlen seien rückläufig, in Oberwil und Muttenz sei das Ruftaxi abgeschafft worden. Das sei keine Gemeindeaufgabe, die ÖV-Tickets seien ja schon subventioniert. Das Ruftaxi verzeichne 2751 Fahrten, die Hälfte wie vor zehn Jahren, rechnete Kevin Lancashire (FDP) vor. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis sei gegenüber dem Steuerzahler nicht fair.

«Der Gemeinderat ist der Ansicht, dass wir mit wenig Aufwand die Attraktivität des öV steigern können», sagte Gemeindepräsidentin Caroline Rietschi (SP). «Gemeinden, die das Ruftaxi abgeschafft haben, haben dafür einen Ortsbus.» Auf Antrag der FDP hat der Einwohnerrat das Postulat an den Gemeinderat zurückgewiesen. 16 Einwohnerräte stimmten dafür, 16 dagegen; Einwohnerratspräsident Roman Oberli (SVP) fällte den Stichentscheid für die Rückweisung. So muss der Gemeinderat in Sachen Ruftaxi noch einmal über die Bücher.

In einem Postulat verlangt Thomas Haefele (FDP), unter Einbezug der Binninger Sportvereine eine Analyse zur aktuellen Nutzung und Auslastung von Binningens Sportanlagen vorzunehmen. Dabei sollen auch der zukünftige Bedarf an Sportinfrastruktur sowie Vorschläge zu einer Optimierung der Nutzung und Auslastung abgeklärt werden – ebenso die Zusammenarbeit mit Basel-Stadt und anderen Nachbarn. Das Postulat wurde einstimmig an den Gemeinderat überwiesen.                    

Rolf Zenklusen

Bild: Symbolbild